Trauerfeier – Teresas Leben Teil 1

Es will mir schier das Herz zerreißen. Meine geliebte Teresa hat mich in eine bessere Welt verlassen, wo sie die Ruhe findet, die ihr nie vergönnt war und die sie auf Erden wohl auch gar nicht wollte; denn sie war eine rastlose Arbeiterin, beständig darauf aus, die Bedürfnisse ihrer Mitmenschen zu erkennen und bereits im Voraus zu erahnen, was sie brauchen würden. Ich kann gar nicht glauben, dass ich – ihr Ehemann – ihr zu Ehren eine Trauerfeier ausrichte. Ich sichte viel Material, lese ihre Tagebücher, höre ihre Musik. Es kommt mir seltsam unwirklich vor, und die letzten drei Wochen sind für mich wie ein einziger Albtraum, aus dem ich gerne erwachen möchte, wobei mir bewusst ist, dass das nicht möglich ist. Doch weiß ich gewiss, dass alles, was in den letzten Wochen und Monaten geschehen ist, einem höheren Plan folgt. Und ich hoffe, diesen Plan irgendwann vollständig entschlüsseln zu können, damit sich mein Schmerz in wohlige Erinnerung wandelt und Frieden in mein Herz einziehen kann.

Teresas Familie stammt aus dem Herzen Chinas, aus der Stadt Wuhan in der Provinz Hubei. Die beiden ältesten Söhne der Familie wurden in China geboren. Es war eine unruhige Zeit, und die nach dem sogenannten langen Marsch erstarkten Kommunisten machten der regierenden Guomindang das Leben schwer. Im Jahr 1949 wurde der Bürgerkrieg zugunsten der Kommunisten entschieden, und Chiang-Kai-Shek zog sich mit seinen Gefolgsleuten auf die Insel Taiwan zurück. Auch Teresas Familie beschloss, China zu verlassen, und so brachen Vater, Mutter und die beiden Söhne im Jahr 1950 in eine ungewisse Zukunft nach Taiwan auf.

Teresa wurde am 29. September 1962 als achtes von neun Kindern in Taipei in Taiwan geboren. Sie sagte mir immer, ihre Kindheit sei glücklich gewesen, obwohl die Familie oft vieles entbehren musste. Aufgrund ihrer Erfahrungen in der Kindheit war sie immer der Meinung, ein Kind brauche nicht viele materielle Güter oder Spielsachen, um glücklich zu sein. Sie war ein großgewachsenes Mädchen und tollte mit ihren Spielkameraden gern im Freien herum. Teresa hatte sieben Brüder und eine Schwester. Den Vater plagten gesundheitliche Probleme. Er starb früh, und die Mutter schuftete hart, um ihre große Familie sattzubekommen. Da Teresas ältere Schwester gesundheitlich nicht in der Lage war mitzuhelfen, fiel Teresa die Aufgabe zu, ihre Mutter bei den vielfältigen Aufgaben, die zu Hause anfielen, zu unterstützen. Auf diese Weise eignete sie sich viele der Fähigkeiten an, die wir später an ihr so zu schätzen lernten.

Teresa war zwar schon immer künstlerisch interessiert und hatte entsprechende Veranlagungen, ihre Situation zu Hause ließ es jedoch ratsam erscheinen, eine handfeste praktische Ausbildung zu machen. So wurde sie Buchhalterin, ein Beruf, der für sie zwar nicht unbedingt die Erfüllung bedeutete, der aber dafür sorgte, dass sie später als junge Erwachsene ihr bescheidenes Auskommen hatte.

Als Jugendliche hing Teresa, wie in Taiwan allgemein üblich, dem buddhistischen Glauben an. Sie ging zu einer Meisterin, die sie unterrichtete, und im buddhistischen Tempel empfing sie ein Initiationsritual. In ihrem Herzen blieben jedoch viele Fragen offen, und so beschloss sie eines Tages, eine protestantische Glaubensgemeinschaft aufzusuchen und sich anzuhören, was die Christen zu den wichtigen Fragen des Lebens zu sagen hatten. Was man ihr über Jesus Christus erzählte, beeindruckte sie sehr, und sie erfuhr, dass jemand, der das Himmelreich erlangen wolle, auf den Namen Christi getauft werden müsse.

Nun stellte sie sich die Frage, was mit den vielen Menschen geschehe, die in China leben und die vielleicht nie in ihrem Leben die Gelegenheit bekommen würden, sich zu Jesus Christus zu bekehren und getauft zu werden. Diese Frage stellte Teresa einem der Glaubenshüter dieser christlichen Gemeinschaft. Die Antwort, die sie erhielt, war ein Schock für sie. Der Geistliche meinte zu ihr, diejenigen, die sich taufen lassen würden, seien erwählt und sehr gesegnet. Diejenigen, die sich nicht taufen lassen würden – aus welchem Grund auch immer – würden auf ewig in die Hölle hinabgeworfen. Teresa hatte einen angeborenen ausgeprägten Sinn für Gerechtigkeit, und so schleuderte sie diesem Geistlichen entgegen: „An einen Gott, der so etwas zulässt, kann ich nicht glauben!“

Kurze Zeit später wurde sie von einer Freundin zu einer Versammlung ihrer Glaubensgemeinschaft eingeladen. Teresa war zwar immer für alles offen und aufgeschlossen, konnte sich jedoch kaum vorstellen, dass es christliche Glaubensgemeinschaften geben könne, die in dem vorher erwähnten für sie wichtigen Punkt anderer Ansicht sein könnten. Doch etwas in ihrem Inneren sagte ihr, sie solle dort ruhig hingehen, und so tat sie ihrer Freundin den Gefallen und kam mit.

Bei der Versammlung, zu der sie eingeladen worden war, handelte es sich um eine Pfahlkonferenz der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage. Die Worte, die dort gesprochen wurden, gefielen ihr, und sie erfuhr, dass jeder Mensch, der auf dieser Erde lebt oder gelebt hat, eines Tages die Möglichkeit erhalten wird, den Namen Jesu Christi auf sich zu nehmen und sich taufen zu lassen. Als sie von der Lehre der stellvertretenden Taufe für Verstorbene in einem für den Herrn geweihten Tempel hörte, empfand sie große Freude und wusste, dass sie ihre geistige Heimat gefunden hatte.

Am 24. Mai 1981 schloss sich Teresa im Alter von 18 Jahren der Kirche an.

Zuvor war ihre Mutter schwer an Krebs erkrankt. Sie lag im Krankenhaus, und Teresa besuchte sie oft und pflegte sie hingebungsvoll. Sie brachte ihren Eltern stets große Achtung entgegen und liebte ihre Mutter über alles. Ein besonderes Erlebnis mit ihrer Mutter kurz vor ihrem Tod hat Teresa selbst aufgeschrieben. Davon hören wir etwas später noch.

Das nun folgende Lied hat Teresa einmal zu Übungszwecken aufgenommen. Sie wollte damit den Gemeinden ein Werkzeug an die Hand geben, damit die Kinder die Lieder der Primarvereinigung besser lernen können.

Hier geht’s zu den MP3-Aufzeichnungen der Trauerfeier mit dem Lied Bei meiner Taufe.

 

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